polylog 14
Hans Schelkshorn: Editorial
2005
Menschenrechte
zwischen Wirtschaft, Recht und Ethik
Herausgeber des Thementeils: Franz M. Wimmer & Mathias Thaler
THEMA
Pavel Barša
Krieg führen im Namen der Menschenrechte?
Vierzehn Thesen über humanitäre Interventionen
Pavel Barša, Philosoph und Politikwissenschaftler an der Karls-Universität in Prag, setzt sich in seinem Text ebenfalls mit einem höchst aktuellen Thema auseinander. Sein Text ist ein Versuch, Kriterien für die Zulässigkeit von humanitären Interventionen zu entwickeln. Daher möchte Barša die Menschenrechte als jene Normen bestimmen, die eine humanitäre Intervention rechtfertigen können. Doch welcher Akteur ist wofür zuständig? In der jetzigen Situation besteht ein Ungleichgewicht zwischen Recht und Moral, insofern das Völkerrecht vom Gedanken der territorialen Souveränität getragen ist, dem wiederum der kosmopolitische Imperativ individueller Menschenrechte entgegensteht. Dieser Widerspruch, so der Grundtenor des Aufsatzes, lässt sich nicht einfach auflösen, sondern bedarf der Vermittlung durch politische Verfahren.
Ann Elizabeth Mayer
Eine Kollision von Prioritäten
Der Streit um die selektive Anwendung internationaler Menschenrechtsbestimmungen durch die USA und muslimische Länder
Ann Elizabeth Mayer, Rechtsphilosophin an der University of Pennsylvania, weist in ihrem Artikel auf eine erstaunliche Parallele hin: Trotz der derzeit in den USA grassierenden Dämonisierung der arabischen Kultur existiert eine gemeinsame Ablehnungsfront gegenüber internationalen Menschenrechtsstandards. Es ist überaus entlarvend, dass die USA in ihrer Skepsis gegenüber den Menschenrechten gerade dort einen Verbündeten finden, wo wir eigentlich nur den terroristischen Feind vermuten würden. Auch viele islamische Länder pflegen einen selektiven Umgang mit den Menschenrechten. Sie stimmen mit den USA zwar nicht darin überein, welche Menschenrechte bevorzugt Anwendung finden sollen, doch gehen beide Seiten darin konform, dass eine globale Menschenrechtskultur eine Bedrohung für ihre je eigenen Interessen darstellt.
Gregor Paul
Der »Krieg gegen den Terrorismus«
Menschenrechte zwischen Wirtschaft, Recht und Ethik
Gregor Paul, Philosoph an der Universität Karlsruhe, will zeigen, “dass ein Krieg gegen den Terrorismus unmöglich wäre, wenn man gültiger Argumentation folgte”. Die Frage ist, ob es einen „gerechten Krieg“ überhaupt gibt – eine alte Frage, auf die nicht nur in der abendländischen Philosophie unterschiedliche Antworten gegeben worden sind. Paul lässt hier die alte chinesische Philosophie zu Wort kommen. An den Beispielen der Kriege in Afghanistan und Irak wie dem sogenannten Krieg gegen den Terrorismus zeigt Paul, wie für deren “Gerechtigkeit” nicht nur nicht offen argumentiert, sondern eine notwendige allseitige Diskussion verhindert wurde. Erst eine solche offene Diskussion würde das Gewicht der Argumente zeigen und Paul ist überzeugt, dass die Argumente für Kriege jeglicher Art vor dem Forum der Vernunft als zu leicht befunden würden.
Yersu Kim
Zur Begründung der Universalität von Menschenrechten
Yersu Kim, Philosoph an der Seoul National University, geht es in seinem Beitrag um die Klärung dessen, was “Universalität” von Menschenrechten angesichts der offenkundigen Geschichtlichkeit dieser Ideen und der Diversität kultureller Traditionen heißen kann. Er plädiert für einen evolutionären Begriff von Universalität, der als Maßstab nie überzeitlich und ortlos anzunehmen, wohl aber als jeweils kulturelles Optimum ernstzunehmen ist und somit den Respekt für Kulturen in ihrer Einmaligkeit bewahren und zugleich die Möglichkeit ihres Fortschreitens und ihrer Entwicklung offen lassen kann.
Benedikt Wallner
Das Menschenrecht als ein Herzustellendes
Der Beitrag von Benedikt Wallner, Rechtsanwalt in Wien, geht auf dessen Kommentar zum Vortrag von Yersu Kim zurück. Er richtet das Augenmerk vorrangig auf die rechtliche Dimension. Dabei greift er die Idee des Polylogs auf, um sie für die Entwicklung von allgemeinen Rechtsvorstellungen fruchtbar zu machen, die über alle jeweils ursprünglichen hinausgehen. Wie solche Vorstellungen dann zu wirklichem Recht werden, ist allerdings die entscheidende Frage. Hier verweist Wallner auf die tatsächlichen Entwicklungen in Vergangenheit und Gegenwart und sieht das jeweils besondere Interesse als mächtigen Faktor für die Entwicklung allgemeiner und letztlich universeller Rechtsinstitutionen.
Bilahari Kausikan
»Asian Values« – ein pragmatischer Weg zur Universalität der Menschenrechte?
Eine E-Mail-Korrespondenz, angestiftet von Konrad Pleterski