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Aktuelle Seite: polylog 15

polylog 15

Hans Schelkshorn: Editorial

2006

Formen des Philosophierens

HerausgeberInnen des Thementeils: Tina Ambos & Martin Ross

Einleitung

THEMA

Anand Amaladass

Literarische Formen des Philosophierens

Der Beitrag von Anand Amaladass greift die Frage der Darstellungsform des Philosophierens ganz explizit auf und beschreibt die Herausforderungen an das Verstehen mit besonderem Fokus auf die indische Tradition. Zwar ist die Untrennbarkeit von Religion und Philosophie – Mythos und Logos – in der indischen Tradition ein viel diskutiertes Thema, doch dieser Beitrag zeigt klar die Wichtigkeit der Form – nicht nur für das Philosophieren, sondern auch für das Lernen und Verstehen. Ausgehend von der Idee, dass die Menschen alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel zum Philosophieren verwenden können, weist Amaladass auch auf die Bedeutung von Tanz und Spiel und ihren Konsequenzen für eine Interpretation hin.

Rolf Elberfeld

Aspekte philosophischer Textpragmatik in Ostasien und die Idee einer »transformativen Phänomenologie«

Rolf Elberfelds Text bespricht die Sprach- und Textpragmatik in Ostasien und entwickelt die Idee einer transformativen Phänomenologie. Diese Spielart der Phänomenologie fokussiert auf vordergründig philosophiefremde Motive wie “Übung” und “Bewegung”, die allerdings in der ostasiatischen Philosophie eminent wichtig sind. Auch hier geht es um Texte, allerdings nicht in dem Sinn, dass sie als Ergebnisse anzusehen wären. Sie werden zu “Übungsspuren der Selbst- und Welterklärung”. (Elberfeld, S. 45) Konkret erklärt das der Beitrag anhand der Textpragmatiken von Dogen und Nishida. Während Elberfeld Dogens nicht-substanzialisierende Sprachpragmatik herausarbeitet, zeigt er, wie Kitaro Nishidas Textpragmatik der alten japanischen literarischen Gattung des Zuihitsu (“dem Pinsel folgen”) entspricht. Schreiben ist – in diesem Sinne verstanden – eine mediale Aktionsform des Verbs. Somit wäre der oder die Schreibende nicht einfach aktiv, und das, was geschrieben wird, nicht einfach passiv: Schreiben in Aktion tritt vielmehr hervor “’von selbst’ [...] als ein Resonanzgeschehen aller beteiligten Momente. Dort gibt es kein eindeutiges ‘Ich’ als Subjekt, von dem die Tätigkeit zielgerichtet ausgeht, dieses ‘Ich’ findet sich vielmehr im Vorgang selbst immer wieder neu.” (Elberfeld, S. 39)

Heinz Kimmerle

Afrikanische Philosophie in westlichen Sprachen

Eine postkoloniale Problemkonstellation

Der Beitrag von Heinz Kimmerle reflektiert eine der bekanntesten Diskussionen um die Darstellungsform in der interkulturellen Philosophie: die der afrikanischen Philosophie, insbesondere der traditionell mündlich weitergegebenen “Sage Philosophy”. Jedoch geht dieser Beitrag weit über die oft gestellte Frage, ob mündliche Philosophie einfach verschriftlicht werden kann, hinaus. Kimmerle setzt sich mit der für das interkulturelle Philosophieren unausweichlichen Frage der Übersetzungsfunktion auseinander. Aufgrund der Kolonialgeschichte des Kontinents ist die Erhaltung und Wertschätzung lokaler Sprachen ein besonders kritischer Punkt und ein Mittel für Philosophinnen und Philosophen, sich aus kolonialen Zwängen zu befreien. Der Schwerpunkt in diesem Beitrag liegt in der Behandlung von Sprichwörtern, die – wie der Autor zeigt – eine wichtige Rolle für das Philosophieren in einigen afrikanischen Kulturen spielen. Die wertvollen Eigenschaften der Sprichwörter sind ihre Überzeugungskraft und Bildhaftigkeit, die bei einer Übertragung in andere Sprachen oft verloren gehen.

Jan Assmann

Etymographie

Zum Verhältnis von Bild und Begriff in der ägyptischen Hieroglyphenschrift

Jan Assmann stellt das Bild – im Kontext des alten Äyptens – in das Zentrum seiner Analyse. Er betont die “ideogrammatische” Funktion und die realistische Bildhaftigkeit der Hieroglyphen. Die Dinge und die Zeichen: Was das Herz, so Assmann, meint – res –, drückt der Mund aus: signa. Insofern erweisen sich die Hieroglyphen als Vorläufer des Symbolbegriffs der griechischen Antike; das Zusammenfallen bzw. -werfen zweier vermeintlich verschiedener Dinge, die sich im Akt des Zusammenwerfens als in ihrer Gestalt als ursprünglich zusammengehörig erweisen – und dem diesen Akt Beobachtenden eine Erkenntnis verschaffen. Auch das res-verba-Problem der römischen Rhetorik hängt damit zusammen: Es gibt eine Phänomenwelt nur in und mit der Sprache, nicht vor ihr. Somit hängt alles an der Form der – sprachlichen – Darstellung. Die Welt, die Schöpfung “ist ein Akt der Artikulation: gedanklich, ikonisch und phonetisch”. (Assmann, S. 76) Deswegen sind die Hieroglyphen “eine Schrift, in der die höchsten religiösen Geheimnisse zugleich überliefert und verhüllt werden” (Assmann, S. 77). Das Zusammenfallen von Gemeintem und Gesagtem in der entsprechenden Form kann also auch verbergend wirken.

FORUM

Paul Tiedemann

Der Streit der Sinologen um die Menschenwürde

REZENSIONEN UND BUCHTIPPS

Fuss ...