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polylog 28

Winter 2012

DER ARABISCHE FRÜHLING

Herausgeber des Thementeils: Sarhan Dhouib

Einleitung

THEMA

Fethi Meskini

Zur Identität der Revolution

Im Fokus der Untersuchungen von Fethi Meskini steht die Frage nach Identität und ihren Bedeutungen und Ausdrucksformen vor, während und nach der Revolution. Er behandelt zunächst die Frage, in welchem Sinne und für wen die jüngsten Revolutionen in Tunesien und Ägypten eine »Überraschung« darstellen. Vor diesem Hintergrund setzt er sich kritisch mit den Strukturen des autoritären Staates auseinander und behandelt dabei das Problem der »Eliten«. Er zeigt darüber hinaus, wie die Revolution aus einer produktiven Unzufriedenheit und entgegen einem eingeübten öffentlichen Schweigen unter der Diktatur entstanden ist und inwiefern sie als ein mikrohistorischer Prozess, der zu einer unabwendbaren positiven Verärgerung wird, zu erfassen sei. Er weist ebenfalls auf die wichtigen Kennzeichen und innovativen Ausdrucksformen des Protests der neuen Revolutionen hin. Dabei betont er, dass die Revolutionen vor allem in Tunesien und Ägypten jenseits der unterschiedlichen politischen und religiösen Identitätsentwürfe »lebenswichtig« seien. Sie lösen sich somit von einer autoritären Politik der Identität, wobei die Frage nach der Postrevolution (und Postidentität) bzw. nach der Demokratie mit bestimmten Schwierigkeiten behaftet bleibt.

Hassan Hanafi

Die arabische Revolution

Hassan Hanafi setzt sich mit den kreativen Kräften der arabischen Revolutionäre auseinander und stellt den ganz eigenen Charakter der »arabischen Revolution«, insbesondere ihren friedlichen Verlauf vor allem in Tunesien und Ägypten, in den Vordergrund. Er weist auf die Vorgeschichte der ägyptischen Revolution hin, die sowohl in zivilen Protestakten unter der Diktatur von Mubarak wie in der Revolution der »freien Offiziere« zu suchen sei. Trotz ihres friedlichen Verlaufs steht die ägyptische Revolution vor unterschiedlichen Herausforderungen, deren Problematik Hanafi entwickelt. Die Suche nach einer »arabischen Revolution« bietet ihm Anlass, einen durchaus ideologisch gefärbten Diskurs zum Panarabismus aufzunehmen.

Sari Hanafi

Der Einfluss der arabischen Jugendbewegungen:

Die Entstehung eines »Reflexiven Individualismus«

Mit dem Einfluss der arabischen Jugendbewegungen auf die Entstehung eines »reflexiven Individualismus« im Kontext des »arabischen Frühlings« beschäftigt sich Sari Hanafi. Er argumentiert, dass die Jugend sowohl ein Vektor für soziale und politische Veränderungen als auch für Apathie, sowohl politisch als auch a-politisch, sowohl religiös als auch säkular sein kann. Außerdem untersucht er die arabischen Aufstände als einen privilegierten Moment für das Verstehen der politischen Partizipation der gebildeten Jugend sowie der neuen sozialen Bewegungen und Formen des Aktivismus. In diesem Zusammenhang analysiert er die neue politische Subjektivität, die mit der Revolution entstanden ist, und erfasst sie als eine spezifische Form der Individualität, die er als »reflexiven Individualismus« bezeichnet. Der Beitrag von Sari Hanafi stützt sich auf Interviews mit Aktivisten, die an den Revolutionen in Tunesien, Ägypten, Libyen und Syrien teilgenommen haben.

Adel ben Abdallah

Konzeptuelle Transformationen der Citoyenität in Tunesien

In dem Artikel von Adel Ben Abdallah werden die Transformationen des Begriffs des Bürgers am Fallbeispiel Tunesiens seit der Unabhängigkeitserklärung 1956 analysiert. Anlass für seine Analyse bietet die aktuelle Debatte um die Formulierung der neuen Verfassung in Tunesien und die Frage nach der Notwendigkeit menschenrechtlicher Normen für ein friedliches Zusammenleben. Zum einen unternimmt er eine normative Analyse des Begriffs des Citoyens bzw. des Bürgers. Zum anderen zeigt er die Schwierigkeiten, mit denen dieser Begriff unter der Diktatur von Bourguiba und Ben Ali trotz unterschiedlicher politischer und kultureller Kontexte behaftet bleibt. Nach der tunesischen Revolution wird die Frage nach dem Staatsbürger im Kontext des politischen Konfliktes zwischen Säkularen und Islamisten erneut gestellt und im Zuge der demokratischen Transformation reflektiert.

Azelarabe Lahkim Bennani

Vom Rechtsstaat zum Sozialstaat

Die Zukunft des arabischen Frühlings aus der Perspektive der sozialen Rechte

Im Mittelpunkt der Überlegungen von Azelarabe Lahkim Bennani steht die Aufgabe der zivilgesellschaftlichen und Menschenrechtsorganisationen von ausgewählten arabischen Staaten. Diese Aufgabe steht vor drei Herausforderungen: Analphabetismus, Armut und Arbeitslosigkeit. Für die Behandlung dieser Themen entwickelt er eine erste und eine zweite Perspektive. Die erste Perspektive begnügt sich mit dem Anspruch auf den Rechtsstaat. Sie wird vor allem von der alten Generation der arabischen Menschenrechtler vertreten. Die zweite Perspektive formuliert hingegen umfassende Ansprüche und fordert den Übergang von einem Rechtsstaat zu einem Sozialstaat, in dem die sozialen Rechte wahrgenommen werden müssen. Die maximale Forderung ist das Ergebnis der Protestbewegungen der arabischen »Jugend«. Der Autor macht die Zukunft des »arabischen Frühlings« von der Entwicklung bzw. Umsetzung der sozialen Rechte abhängig und mahnt, den Terminus der »Revolution« vorsichtig zu verwenden.

Georg Meggle

im Gespräch mit Sarhan Dhouib

FORUM

Juan M. Contreras Colín

Die Tlamatinime: Philosophen und Weise der Nahua

REZENSIONEN UND BUCHTIPPS

 

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